J.R.R. Tolkien

Tolkien (geb. 1892, gestorben 1973) war kein Schriftsteller ; er war Linguist, also Sprachwissenschaftler, und unterrichtete als Professor an einer Universität. Über seine Leidenschaft für Sprache und die Erfindung diverser Sprachen aus lauter "Spaß an der Freud'" kam im Laufe der Jahrzehnte in seiner Phantasie eine ganz komplexe Welt samt ihrer Mythologie, Schrift und Sprache zustande. Das hat er aufgeschrieben, und so entstanden Erzählungen wie "das Silmarillion" und "der Herr der Ringe". Angefangen hat er allerdings mit kleinen, phantasievollen und lustigen Geschichten für seine Kinder, so erwarb er sich Übung im Schreiben.

Das als Leseprobe gewählte Gespräch spielt auf die im "Silmarillion" erzählten Sagen und Legenden von Mittelerde an, und tatsächlich ist "der Herr der Ringe" nichts anderes als der große Roman auf der Basis mythologischer Entwürfe und die logische Fortsetzung der Geschichte "Der kleine Hobbit", die als Kindergeschichte begann. So war es auch mit "der Herr der Ringe", aber diese Erzählung schrieb sich quasi selbst fort und wurde zum großen Epos, das immerhin etwa 30 Jahre in Tolkien gewachsen war. Niemals hätte er sich bei der Niederschrift den Erfolg vorstellen können, den das Buch schließlich hatte.

Zum Kult hat sich Tolkiens Welt inzwischen tatsächlich entwickelt. Die Filme des Peter Jackson haben einen noch viel größeren Kreis dazugewonnen. Die Filme sind actionreich, haben aber nach dem ersten Teil nichts mehr mit Tolkiens Buch zu tun; wer wirklich die Geschichte des großen Ringkrieges haben will, wird um die Bücher nicht herumkommen.

Nur sie erzählen in fabelhafter Dichte die Geschichte einer sich verändernden Welt, und Wolfgang Kreges Übersetzung ohne literarische Überhöhung, sondern in der Sprache unserer Zeit, macht das Werk zum ungeheuer spannenden Leseerlebnis.

Leseprobe:

Sam: "...Wenn man es recht bedenkt, sind wir immer noch in derselben Geschichte! Sie geht weiter. Nahmen denn die großen Geschichten niemals ein Ende?"

"Nein, als Geschichten nehmen sie kein Ende", sagte Frodo. "Aber die Leute in den Geschichten kommen und gehen - wenn ihr Kapitel zu Ende ist. Unser Kapitel ist auch irgendwann zu Ende - später oder früher."

"Dann können wir uns einstweilen noch ein bißchen erholen und schlafen", sagte Sam. Er lachte grimmig. "Und genauso meine ich's, Herr Frodo, ganz gewöhnliche Dinge, Ruhe und Schlaf und morgens erwachen, um im Garten an die Arbeit zu gehn. Tut mir leid, das ist alles, was ich mir die ganze Zeit wünsche. All diese großen Pläne der Mächtigen sind nichts für einen wie mich. Trotzdem wüßt' ich gern, ob wir jemals in die Lieder und Geschichten hineinkommen werden. Klar, in einer Geschichte sind wir schon drin, aber ich meine, in Worte gefaßt, du weißt schon, so daß man es sich Jahre über Jahre später am Herdfeuer erzählt oder aus einem dicken Buch mit roten und schwarzen Lettern vorlesen hört. Wo die Leute dann sagen: 'Nun erzähl uns doch mal die Sache von Frodo und dem Ring!' Und die Kinder sagen: 'Klar, das ist eine von meinen Lieblingsgeschichten, Frodo, der war vielleicht tapfer, nicht Papa?' - 'Ja, mein Junge, der berühmteste aller Hobbits, und das will viel heißen!'"

"Das will viel mehr heißen, als es heißt", sagte Frodo und mußte lachen, laut und herzhaft lachen. Ein solches Geräusch hatte man an diesen Orten nicht mehr gehört, seit Sauron in Mittelerde war. Sam kam es plötzlich so vor, als ob selbst die Steine aufhorchten und die hohen Felsen sich lauschend über sie neigten. ...